Lot 1058A* - A166 Möbel & Skulpturen - Donnerstag, 19. September 2013, 10.00 Uhr
PRUNK-KOMMODE "A FLEURS",
Louis XV, in der Art von J.F. HACHE (Jean François Hache, 1730 Grenoble 1796), Frankreich um 1755/65.
Palisander, Mahagoni, Amarant, Ahorn, Buchsbaum, Zitronenholz und teils getönte Edelhölzer gefriest sowie allseitig ausserordentlich fein eingelegt mit Blumen, Blättern, Kartuschen, Reserven und Zierfries. Geschweifter, trapezförmiger Korpus mit wenig vorstehendem, randprofiliertem Blatt und abgerundeten, mit Messingkannelüren versehenen Eckstollen auf wellig ausgeschnittener Zarge mit geschweiften Beinen. Mehrfach geschweifte Front "en arbalète" mit 2 Schubladen. Ausserordentlich feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge und -sabots. 143x69x83,5 cm.
Provenienz: Privatsammlung, Frankreich. Verschiedene Merkmale der hier angebotenen Kommode weisen auf den grossen Einfluss des J.F. Hache und seiner Werkstatt hin; zum einen die markante Formgebung mit Messingkannelüren und Front "en arbalète" (siehe hierzu P. und F. Rouge, Le génie des Hache, Dijon 2005; Nr. 141, 153 und 165), zum anderen die feine Blumenmarketerie mit den auffälligen Kartuschen (siehe hierzu ibid.; Nr. 133, 137, 181, 184 und 189). Der älteste Sohn des Ebenisten Pierre Hache (1703-1776), Jean-François, war das bekannteste Mitglied der Dynastie Hache. Nach den Lehrjahren im Familienatelier machte er sich bereits 1754 selbständig, arbeitete jedoch weiter mit seinem Vater zusammen. Als sich der Vater 1770 zurückzog, übernahm Jean-François das Atelier. Bald besass er mehrere Werkstätten und konnte die bedeutendsten Einwohner seiner Region zu seinen Kunden zählen. Er produzierte sowohl Möbel von grösstem Luxus wie auch ganze Wohnungseinrichtungen. Zur Signatur seiner Werke benutzte er von Anfang den väterlichen Stempel, den er mit "fils" ergänzte. Neben den namhaften Pariser Ateliers gehört jenes der Hache in Grenoble, gegründet durch Thomas Hache zu Beginn des 18. Jahrhunderts, zu den produktivsten und hervorragendsten französischen Werkstätten für Kunstschreinerei. Sowohl Thomas (1721) wie auch sein Sohn Pierre (1757) und sein Enkel Jean-François (ca. 1770) erhielten die hohe Auszeichnung eines "Ebéniste et Garde (des Meubles) de Monseigneur le Duc d'Orléans". Es finden sich zahlreiche, leicht unterschiedliche Signaturen, auf Grund derer der eigentliche Ebenist eruiert werden kann; Klebeetiketten in den Schubladen beweisen die umfangreiche Produktion der Familie Hache: "A Grenoble, Hache fils, Ebéniste de Monseigneur le Duc d'Orléans, fait et vend toutes sortes d'ouvrages de Marqueterie en bois des Indes et autres de pays, loupes et racines de toutes couleurs; comme Bureaux, Secrétaires, Encoignures, Bibliothèques, Commodes à dessus de marbre, Tables de jeux de toutes espèce, pliantes et autres à Trictrac, Tablettes à livres, Coffrets, Ecritoires, Cabarets, Trictracs et Damiers, Chiffonières et Toilettes pour Dames, de tout prix, et autres ouvrages d'Ebénisterie, propres à faire des présents". Trotz der geographischen Nähe zu Italien orientierten sich die Hache an den königlichen Werken der französischen Metropole, um ihre eigene, lokale Formensprache zu finden; die ausserordentlich elegante, leichte Formgebung, die sorgfältige Furnierwahl und die Verwendung von hauptsächlich heimischen Hölzern der Dauphiné zeugen vom Pariser Einfluss. Die zahlreichen Hölzer - Amboina, Thuya, Nussbaum, Esche, Ahorn, Maulbeerbaum, Sykomore und Zitronenbaum - zierten die meist mit Wurzelmaser gestaltete Grundstruktur der Möbel. Die Wurzelmaser mit seinem sehr lebendigen Erscheinungsbild stellte nicht nur eine für die Hache typische Holzwahl dar, sondern auch eine markante visuelle Bereicherung des Möbels, das somit nicht auf aufwendige Bronzebeschläge angewiesen war. Die genauere Aufgabenverteilung innerhalb des Ateliers der Hache konnte durch die neueste Forschung in wichtigen Ansätzen eruiert werden. Pierre und Jean-François wirkten in der gleichen Familienunternehmung. Es gilt heute jedoch als gesichert, dass Jean-François ab ca. 1745 einen selbständigen Weg einzuschlagen begann. Beide bedeutenden Meister hatten ihre eigenen persönlichen Mitarbeiter. Jean-François reiste in den Jahren 1755/56 mehrfach nach Paris und verbrachte dort einen mehrmonatigen Aufenthalt im Atelier des berühmten "Ebéniste du Roi" Jean-François Oeben. Dessen Einfluss ist in den Werken von Jean-François markant ersichtlich, vor allem in der Entwicklung der Blumen- und Girlandenmarketerie der Möbel um 1760. In diese Zeit ist auch der eigentliche "Durchbruch" von Jean-François innerhalb des familiären Unternehmens zu datieren. Vater und Sohn hatten wohl eine intern getrennte Buchführung, die übereinstimmend mit dem gleichzeitigen Gebrauch des Stempels HACHE A GRENOBLE und HACHE FILS A GRENOBLE lief. Im Jahre 1770 lieferten sie dem Präsidenten V. de la Tour ein bedeutendes Zylinderbureau (ehemals Sammlung der Gräfin D. de Bonvouloir), dessen heute noch erhaltene Rechnung von beiden Meistern signiert ist - vom Vater in der Eigenschaft des Schreiners, vom Sohn in jener des Kunsttischlers. Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 380 f. (biogr. Angaben). M. Clerc, Hache Ebénistes à Grenoble, Grenoble 1997; S. 12-68 (biogr. Angaben). R. Fonvieille, La dynastie des Hache, Grenoble 1974 (biogr. Angaben).
CHF 120 000 / 180 000 | (€ 123 710 / 185 570)
Verkauft für CHF 174 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr