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Lot 3041* - A164 Gemälde Alter Meister - Freitag, 22. März 2013, 15.00 Uhr

SIMON PIETERSZ. VERELST

(Den Haag 1644–um 1721 London)
Rosen, Mohnblumen, Iriden und andere Blumen in einer Vase auf einer Steinplatte.
Öl auf Leinwand.
59,7 x 49,5 cm.

Provenienz: - Galerie Sanct Lucas, Wien, 1957 (als Rachel Ruysch). - Kunsthandel Julius Bühler, München, 1959. - Auktion Galerie Fischer, Luzern, 1964. - Aution Christie's London, 7.7.2000, Los 118. - Sammlung Wolfgang Joop. Literatur: Lewis, Frank: Simon Pietersz. Verelst. 1644-1721, Leigh-on-Sea 1979, S. 33, Nr. 76, mit Abb. Fred G. Meijer vom RKD, Den Haag, bestätigt die Eigenhändigkeit anhand des Originals, wofür wir ihm danken. Dieses Gemälde ist im RKD, Den Haag, unter der Nummer 72072 archiviert. Simon Verelst gehörte einer bekannten Künstlerfamilie an; sein aus Antwerpen stammender Vater Pieter Verelst war Schüler Gerrit Dous, und Simons Bruder sowie dessen Kinder arbeiteten ebenfalls als gesuchte Künstler. Im Alter von nur 22 Jahren wurde er 1666 in Den Haags Lukasgilde aufgenommen. Drei Jahre später wagte er den Sprung über den Ärmelkanal: Er verliess seine Heimatstadt Den Haag und suchte in London sein Glück als Blumenmaler. Jedenfalls ist von dem berühmten Tagebuchautor und Chronist Samuel Pepys (1633-1703) ein Bericht aus dem Jahr 1669 überliefert, wonach ihm ein gerade zugewanderter "Dutchman" namens "Everelst" ein kleines Blumenstillleben für £ 70 angeboten habe, das sei das feinste Ding gewesen, das er in seinem Leben gesehen habe. Das holländische Blumenstillleben des frühen 17. Jahrhunderts ordnete üblicherweise Wildblumen und seltene Zuchtformen, die zu unterschiedlichen Jahreszeiten blühen wie Tulpen und Rosen in einer Vase an. Obwohl Simon Verelst unzweifelhaft in dieser grossen Tradition steht, bricht er die Konventionen des Blumenstilllebens zugunsten einer lockeren inhaltlichen wie kompositorischen Gestaltung auf, wie sich in unserem Gemälde zeigen lässt. Denn es ist nicht die Exotik kostbarer Züchtungen, die er primär herauszustellen sucht, und die von ihm gewählten Blumen können durchaus zu selben Zeit, nämlich im Mai-Juni, in voller Blüte stehen. Auch die übliche ausgewogene Gruppierung der Blüten um einen Mittelpunkt und eine gleichmässige Beleuchtung aller Elemente strebt er nicht an. Die Mehrzahl der Blütenköpfe in unserem Gemälde sind zur linken Seite gerichtet und in helles Licht getaucht, während die Blumen rechts in den Schlagschatten treten. Der entstehende pointierte Hell-dunkel- oder Chiaroscuro-Effekt gibt Verelst Gelegenheit, seine überragenden Fähigkeiten als Maler des Trompe-l'œil, der Vortäuschung nicht vorhandener Raumtiefe, unter Beweis zu stellen. Das wird insbesondere bei der bildparallel angeordneten Steinplinthe deutlich, über die einzelne Zweige nach unten hängen; sie scheinen dem Betrachter räumlich näher zu sein als der Rest des Strausses. Das stark von links einfallende Licht lässt die zarten Blüten und Blätter seidig schimmern. Verelst dreht einzelne Blüten so zur Lichtquelle, so dass sie im Gegenlicht wie Transparentpapier erleuchtet werden. Mit dieser fast haptischen Qualität seiner äusserst naturalistischen Blumendarstellungen traf Verelst im England des ausgehenden 17. Jahrhunderts auf ein ideales geistiges Klima. Führende Gelehrte wie John Locke (1632-1704) hatten dort den Sensualismus zu einer einflussreichen Geistesströmung der Aufklärung gemacht. Die körperliche Erfahrung, die individuellen Sinneseindrücke als Mittel der Erkenntnisgewinnung gewannen in der damaligen geistigen Elite Grossbritanniens bedeutende Anhänger. Auch der bereits erwähnte Chronist Samuel Pepys schilderte voller Bewunderung, wie er wieder und wieder den von Verelst gemalten Tautropfen habe berühren müssen, um zu fühlen, ob seine Augen getäuscht worden seien. Der Erfolg blieb ob dieser Qualität nicht aus: Der von den Künsten Verelsts begeisterte König Charles II. kaufte unter anderem ein Stillleben einer Weintraube mit einem kleinen weissen Schmetterling, das auf etwa 1670 datiert wird. Auch als Porträtist des englischen Adels reüssierte Simon Verelst, er erhielt Aufträge von George Villiers, dem zweiten Herzog von Buckingham und von der englischen Krone. Mindestens sechs seiner Gemälde gingen in die königlichen Sammlungen ein, darunter ein Porträt von Maria Beatrice d'Este, der zweiten Gattin König Jakobs II., als Herzogin von York. Verlest hatte also nicht nur seine Heimat und die bürgerliche Kaufmannsgesellschaft als traditionelle Sammler von Blumenstillleben hinter sich gelassen, er hatte sich mit seinen zunehmend repräsentativen Bildformaten eine neue Käuferschaft erschlossen. "Gott der Blumen" nannte er sich später übermütig, und "König der Maler".

CHF 60 000 / 80 000 | (€ 61 860 / 82 470)


Verkauft für CHF 90 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr