Lot 3034 - A162 Gemälde Alter Meister - Freitag, 21. September 2012, 15.00 Uhr
FRANCISCO DE GOYA
(Fuendetodos 1746–1828 Bordeaux)
Lot und seine Töchter.
Öl auf Leinwand.
91 × 125 cm.
Provenienz:
- Sammlung Linker, Bilbao, bis circa 1930.
- Schweizer Privatsammlung.
Literatur:
- August L. Mayer: Francisco de Goya, London 1924; Barcelona 1925, Nr. 14a.
- F.J. Sanchez Canton: Goya, Paris 1930, Abb. 7 (fälschlicherweise betitelt als 'Noah and his daughters').
- F.J. Sanchez Canton: Vida y obras de Goya, Madrid 1951, S. 31.
- José Gudiol Ricart: Goya, biographie, analyse critique et catalogue des peintures, Paris 1970, 4 Bände, Bd. 1, S. 238, Nr. 108, Abb. Bd. 2, Nr. 184 (dort um 1775-1780 datiert).
- Pierre Gassier/ Juliet Wilson: Vie et oeuvre de Francisco Goya, Office du Livre, 1970, Nr. 168, S. 77, Abb. S. 91.
- Rita De Angelis: Das gemalte Gesamwerk von Goya, Mailand 1974, Nr. 182., S. 101, Abb. S. 99 (dort um 1780-1790 datiert).
- José Camon Aznar: Francisco José de Goya, 4 Bände, Saragossa 1980-1982, Bd. 1, S. 68, Abb. S. 253 (dort um 1777 datiert).
Mit der Kopie eines Briefes von August L. Mayer an den Sammler Linker, Bilbao, vom 12.11.1923, in dem er die Autorschaft und die Aufnahme in seine Publikation (siehe Literatur) bestätigt.
Dieses Gemälde mit Lot und seinen Töchtern aus der frühen Schaffensphase des spanischen Malers Francisco de Goya wurde kürzlich in einer Schweizer Privatsammlung wiederentdeckt, wo es seit den 1930er Jahren über Generationen verweilte und in der Öffentlichkeit nicht zu sehen war. Das Gemälde stand in der Literatur zu Goya bislang nur in Schwarzweissfotografien zur Verfügung und durch das Wiederauftauchen ergibt sich nun für die Goya Forschung eine Möglichkeit, dieses Werk neu zu betrachten und es in Zusammenhang mit dem Oeuvre des Künstlers zu stellen. Francisco de Goya ist der wohl bedeutendste Maler Spaniens des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, der am Wendepunkt zur Moderne steht und in seinem Frühwerk in meisterlicher Perfektion die leuchtende Farbigkeit der Aufklärung mit der klassischen Formsprache des Barocks vereint.
Das Thema der Darstellung geht auf die alttestamentarische Erzählung zurück, die im ersten Buch Moses (Kap. 19) den Untergang der beiden Städte Sodom und Gomorra, die der Sünde anheimgefallen waren, schildert. Darin heisst es, dass Lot in Sodom zwei von Gott gesandte Engel in seinem Haus beherbergte. Die Bevölkerung der Stadt forderte Lot auf, ihr die beiden Fremden zu überlassen, worauf er ihnen seine jungfräulichen Töchter anbot, um die Gäste zu schonen. Die Engel retteten daraufhin Lot, straften die Menge mit Blindheit und drängten Lot mit seinen Angehörigen zur Flucht. Nachdem Lot mit seinem Weib und seinen Töchtern die Stadt verlassen hatte, liess der Herrgott Schwefel und Feuer vom Himmel auf Sodom und Gomorra regnen. Den von den Engeln ausgesprochenen Befehl, den Blick nicht zurück auf die Stadt zu richten, befolgte Lots Ehefrau jedoch nicht und erstarrte daraufhin zu einer Salzsäule. Goya greift den Moment auf, als die beiden Töchter den Vater betrunken machen, um ihn zu verführen, da weit und breit kein Mann zu finden war, der für die Gewährleistung der Nachkommen sorgen konnte. Die zur Salzsäule erstarrte Ehefrau ist links im Bilde zu erkennen und der in glühende Rottöne getauchte Himmel verbildlicht das Brennen der Stadt hinter den Felsen im Tal.
Die genaue Datierung wurde bislang nicht eindeutig geklärt und einige Autoren sehen die Entstehung um 1775-80 (Guidol 1970; Gassier Wilson 1970), während Rita de Agelis von einer späteren Datierung um 1780-90 ausgeht, da es für sie im Zusammenhang mit den Kartons für die königliche Teppichmanufaktur steht, für die Goya ab 1775 wirkte. Bemerkenswert ist die grossangelegte figurale Komposition mit ausladender Gestik sowie narrativer Dynamik, die an monumentale Wandmalereien denken lässt. Somit erscheint es wahrscheinlicher, wie auch Camó Aznar (1980/82) vermutet, dass das Gemälde in zeitlicher Nähe mit den Wandmalereien in der Kirche des Kartäuserklosters Aula Dei in der Nähe von Zaragoza steht. Diese entstanden 1774 und zeigen elf Szenen aus dem Leben der Maria. Dort wie bei unserem Gemälde lassen sich die künstlerischen Einflüsse der klassischen Antike und der italienischen Künstler des 16. - und 17. Jahrhunderts, die Goya während seiner Italienreise studiert hatte und von der er 1771 zurückgekehrt war, deutlich vermerken. Sicherlich spielte bei Goyas künstlerischer Entwicklung auch der von 1753 bis 1761 in Madrid tätige Neapolitaner Conrado Giaquinto (1703- 1765) eine Rolle, dessen Farbigkeit und Formsprache sich auch in seinen Frühwerken und bei diesem Gemälde wiedererkennen lassen. Die bewegte Dynamik der Figuren und die lebendige Farbigkeit unterstreichen die biblische Thematik in imposanter Weise.
Stilistisch wie kompositorisch lassen sich besonders in der pyramidalen Anordnung sowie den klassischen Figuren und der Landschaftsdarstellung Parallelen bei Goyas Gemälde "Opfer der Iphigenie" aus der Sammlung Varez in Madrid (97 x 72 cm, Öl auf Leinwand, Camó Aznar 1980/82, S. 68, Abb. S. 252) vermerken, bei dem ebenso eine Frau in Rückenansicht und ausgestreckten Armen gezeigt wird, deren dunkles Haar im Nacken zu einem Knoten gebunden ist. Dieses Motiv schien bei Goya beliebt gewesen zu sein, da es bereits in der Wandmalerei der Zwickel in der Kirche El Pilar in Zaragozc auftaucht (siehe ebd., S. 57), die Goya nach seiner Rückkehr von Italien 1771 bis 1772 anfertigte. Dieses Repoussoir-Motiv, das den Betrachter ins Bildgeschehen einlädt, wiederholt sich ein weiteres Mal bei der Bibelepisode "Moses schlägt Wasser aus dem Felsen", die Gudiol und auch Gassier-Wilson gegen 1775-80 datieren (abgebildet in: Rita De Agelis, 1974, Nr. 61, S. 93). Mit dem Wiederauftauchen dieses Gemäldes von Lot und seinen Töchtern gelangt seit langem wieder ein eigenhändiges Gemälde des spanischen Künstlers Franciso de Goya auf den Kunstmarkt, von dem in den letzten Jahren nur eine kleine Anzahl angeboten wurde und das als Frühwerk bereits in meisterlicher Weise das künstlerische Schaffen dieses bedeutenden Malers umfassend vor Augen führt.
- Sammlung Linker, Bilbao, bis circa 1930.
- Schweizer Privatsammlung.
Literatur:
- August L. Mayer: Francisco de Goya, London 1924; Barcelona 1925, Nr. 14a.
- F.J. Sanchez Canton: Goya, Paris 1930, Abb. 7 (fälschlicherweise betitelt als 'Noah and his daughters').
- F.J. Sanchez Canton: Vida y obras de Goya, Madrid 1951, S. 31.
- José Gudiol Ricart: Goya, biographie, analyse critique et catalogue des peintures, Paris 1970, 4 Bände, Bd. 1, S. 238, Nr. 108, Abb. Bd. 2, Nr. 184 (dort um 1775-1780 datiert).
- Pierre Gassier/ Juliet Wilson: Vie et oeuvre de Francisco Goya, Office du Livre, 1970, Nr. 168, S. 77, Abb. S. 91.
- Rita De Angelis: Das gemalte Gesamwerk von Goya, Mailand 1974, Nr. 182., S. 101, Abb. S. 99 (dort um 1780-1790 datiert).
- José Camon Aznar: Francisco José de Goya, 4 Bände, Saragossa 1980-1982, Bd. 1, S. 68, Abb. S. 253 (dort um 1777 datiert).
Mit der Kopie eines Briefes von August L. Mayer an den Sammler Linker, Bilbao, vom 12.11.1923, in dem er die Autorschaft und die Aufnahme in seine Publikation (siehe Literatur) bestätigt.
Dieses Gemälde mit Lot und seinen Töchtern aus der frühen Schaffensphase des spanischen Malers Francisco de Goya wurde kürzlich in einer Schweizer Privatsammlung wiederentdeckt, wo es seit den 1930er Jahren über Generationen verweilte und in der Öffentlichkeit nicht zu sehen war. Das Gemälde stand in der Literatur zu Goya bislang nur in Schwarzweissfotografien zur Verfügung und durch das Wiederauftauchen ergibt sich nun für die Goya Forschung eine Möglichkeit, dieses Werk neu zu betrachten und es in Zusammenhang mit dem Oeuvre des Künstlers zu stellen. Francisco de Goya ist der wohl bedeutendste Maler Spaniens des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, der am Wendepunkt zur Moderne steht und in seinem Frühwerk in meisterlicher Perfektion die leuchtende Farbigkeit der Aufklärung mit der klassischen Formsprache des Barocks vereint.
Das Thema der Darstellung geht auf die alttestamentarische Erzählung zurück, die im ersten Buch Moses (Kap. 19) den Untergang der beiden Städte Sodom und Gomorra, die der Sünde anheimgefallen waren, schildert. Darin heisst es, dass Lot in Sodom zwei von Gott gesandte Engel in seinem Haus beherbergte. Die Bevölkerung der Stadt forderte Lot auf, ihr die beiden Fremden zu überlassen, worauf er ihnen seine jungfräulichen Töchter anbot, um die Gäste zu schonen. Die Engel retteten daraufhin Lot, straften die Menge mit Blindheit und drängten Lot mit seinen Angehörigen zur Flucht. Nachdem Lot mit seinem Weib und seinen Töchtern die Stadt verlassen hatte, liess der Herrgott Schwefel und Feuer vom Himmel auf Sodom und Gomorra regnen. Den von den Engeln ausgesprochenen Befehl, den Blick nicht zurück auf die Stadt zu richten, befolgte Lots Ehefrau jedoch nicht und erstarrte daraufhin zu einer Salzsäule. Goya greift den Moment auf, als die beiden Töchter den Vater betrunken machen, um ihn zu verführen, da weit und breit kein Mann zu finden war, der für die Gewährleistung der Nachkommen sorgen konnte. Die zur Salzsäule erstarrte Ehefrau ist links im Bilde zu erkennen und der in glühende Rottöne getauchte Himmel verbildlicht das Brennen der Stadt hinter den Felsen im Tal.
Die genaue Datierung wurde bislang nicht eindeutig geklärt und einige Autoren sehen die Entstehung um 1775-80 (Guidol 1970; Gassier Wilson 1970), während Rita de Agelis von einer späteren Datierung um 1780-90 ausgeht, da es für sie im Zusammenhang mit den Kartons für die königliche Teppichmanufaktur steht, für die Goya ab 1775 wirkte. Bemerkenswert ist die grossangelegte figurale Komposition mit ausladender Gestik sowie narrativer Dynamik, die an monumentale Wandmalereien denken lässt. Somit erscheint es wahrscheinlicher, wie auch Camó Aznar (1980/82) vermutet, dass das Gemälde in zeitlicher Nähe mit den Wandmalereien in der Kirche des Kartäuserklosters Aula Dei in der Nähe von Zaragoza steht. Diese entstanden 1774 und zeigen elf Szenen aus dem Leben der Maria. Dort wie bei unserem Gemälde lassen sich die künstlerischen Einflüsse der klassischen Antike und der italienischen Künstler des 16. - und 17. Jahrhunderts, die Goya während seiner Italienreise studiert hatte und von der er 1771 zurückgekehrt war, deutlich vermerken. Sicherlich spielte bei Goyas künstlerischer Entwicklung auch der von 1753 bis 1761 in Madrid tätige Neapolitaner Conrado Giaquinto (1703- 1765) eine Rolle, dessen Farbigkeit und Formsprache sich auch in seinen Frühwerken und bei diesem Gemälde wiedererkennen lassen. Die bewegte Dynamik der Figuren und die lebendige Farbigkeit unterstreichen die biblische Thematik in imposanter Weise.
Stilistisch wie kompositorisch lassen sich besonders in der pyramidalen Anordnung sowie den klassischen Figuren und der Landschaftsdarstellung Parallelen bei Goyas Gemälde "Opfer der Iphigenie" aus der Sammlung Varez in Madrid (97 x 72 cm, Öl auf Leinwand, Camó Aznar 1980/82, S. 68, Abb. S. 252) vermerken, bei dem ebenso eine Frau in Rückenansicht und ausgestreckten Armen gezeigt wird, deren dunkles Haar im Nacken zu einem Knoten gebunden ist. Dieses Motiv schien bei Goya beliebt gewesen zu sein, da es bereits in der Wandmalerei der Zwickel in der Kirche El Pilar in Zaragozc auftaucht (siehe ebd., S. 57), die Goya nach seiner Rückkehr von Italien 1771 bis 1772 anfertigte. Dieses Repoussoir-Motiv, das den Betrachter ins Bildgeschehen einlädt, wiederholt sich ein weiteres Mal bei der Bibelepisode "Moses schlägt Wasser aus dem Felsen", die Gudiol und auch Gassier-Wilson gegen 1775-80 datieren (abgebildet in: Rita De Agelis, 1974, Nr. 61, S. 93). Mit dem Wiederauftauchen dieses Gemäldes von Lot und seinen Töchtern gelangt seit langem wieder ein eigenhändiges Gemälde des spanischen Künstlers Franciso de Goya auf den Kunstmarkt, von dem in den letzten Jahren nur eine kleine Anzahl angeboten wurde und das als Frühwerk bereits in meisterlicher Weise das künstlerische Schaffen dieses bedeutenden Malers umfassend vor Augen führt.
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