Lot 3043 - A160 Gemälde Alter Meister - Freitag, 30. März 2012, 15.00 Uhr
JACOB SALOMONSZ. VAN RUYSDAEL
(1629/1630 Haarlem 1681)
Waldlandschaft mit Hirte und Tieren an einer Furt. 1666.
Öl auf Holz.
Unten rechts monogrammiert und datiert: JRS. 1666.
60,5 x 84,8 cm.
Gutachten: Walther Bernt, November 1977. Provenienz: - Baron Otto Thott, Schloss Gavnø, Dänemark, 1785. - Baron Axel Reedtz - Thott, Schloss Gavnø, Dänemark. - Auktion Gavnø-Sammlung, London 1977, mit Abbildung. - Privatsammlung Liechtenstein. - Europäische Privatsammlung. Literatur: - Registrierung der Gavnø-Sammlung 1785. - Lange, J.: Baronet Gavnø Malerisamling, 1876, Nr.10. - Madsen, K. / Andrup, O.: Gavnø Malerisamling 1914, Nr. 154. Ausstellung: Schloss Gavnø, 1966, Katalog Nr. 6 mit Abbildung. Die "Waldlandschaft mit Hirte und Tieren an einer Furt" liegt im milden Frühlingslicht. Die Bäume und Wiesen tragen frisches Grün, einige Sträucher im Hintergrund links sind mit Blüten weissgetupft. Der Hirte hat seine Herde zum Tränken geführt. Rinder, Schafe und ein schwarzer Ziegenbock stehen nun zufrieden im seichten Wasser. Als habe der Maler gerade ein Fenster zu dieser heiteren Kulturlandschaft geöffnet, schauen uns einige Tiere und der Hirte aufmerksam an. Dieser direkte "Blickkontakt" ist eine Einladung an uns, die Natur mit den Augen zu durchwandern und uns an ihrer Üppigkeit zu erquicken. Jacob Salomonsz. van Ruysdael reiht sich mit diesem Gemälde in eine wichtige motivische Tradition ein, der Darstellung typischer landwirtschaftlicher Verrichtungen im Rhythmus der Jahreszeiten. In prächtig illustrierten Manuskripten des Spätmittelalters hatte dieses Thema, umgeben von vielfältigen Landschaftsdarstellungen, seinen ersten Höhepunkt gefunden. Bei dem in Brüssel tätigen Maler Pieter Brueghel d. Ä. wurde es um 1565 bereits in grossformatige, überwältigende Landschaften integriert. In "Heimkehr der Herde (Monate Oktober und November)" (heute im Kunsthistorischen Museum Wien) aus Brueghels berühmtem Jahreszeitenzyklus, in der eine Rinderherde oberhalb eines Flusstals durch einen Herbstwald geführt wird, blickt schon ein weisses Rind den Betrachter direkt an. Als die niederländische Malerei im 17. Jahrhundert dann ihr Goldenes Zeitalter erlebte, spielte aber die Landschaft an sich längst die Hauptrolle. In van Ruysdael "Waldlandschaft mit Hirte und Tieren an einer Furt" sind die Bauern, abgesehen von unserem Hirten, noch als winzige Bildpunkte vorhanden. Direkt über der braunen Kuh ganz links können wir einen rastenden Bauern mit Strohhut und roter Jacke erkennen; weiter rechts zwei Spaziergänger. Im Hintergrund, am Rande der runden Strauchreihe, hat eine Figur eine Reihe von Bienenkästen aufgestellt. Vielmehr aber interessiert den Maler das Spiel von Licht und Schatten durch das knorrige Geäst der Baumriesen. Bizarr und urtümlich beherrschen sie das Bild, umgeben von genau beobachteten Wolkengebilden. Ein in Farbigkeit und Bildaufbau vergleichbares Werk ist van Ruysdaels "Paysage avec un abre au milieu", so der französische Titel des heute im Musée des Beaux-Arts de Lyon aufbewahrten Werks von 1669. Dort wird die Herde ein sandiges Flussbett hinuntergeführt. Interessant ist die Provenienz der hier angebotenen Waldlandschaft. Rund 120 Jahre nach seiner Entstehung war es nach Dänemark gelangt, und zwar als Teil der Sammlung von Graf Otto Thott (1703 -1785), eines leidenschaftlichen Bibliophilen und Kunstsammlers. Otto Thott, der im östlichen Dänemark aufgewachsen und von seinen früh verstorbenen Eltern fast mittellos hinterlassen worden war, schaffte es aufgrund seiner guten Ausbildung durch Studienaufenthalte in Deutschland und ausgedehnte Reisen nach Holland, England und Frankreich bald in die höchsten politischen Ämter des dänischen Königreichs. Er knüpfte zahlreiche Kontakte zu Gelehrten und konnte so bereits in jungen Jahren durch den Erwerb wertvoller Manuskripte und Bücher den Grundstock zu einer Bibliothek legen, die bei seinem Tod im Jahr 1785 auf erstaunliche 138.000 Bände angewachsen war. Det Kongelige Bibliotek, die Königliche Dänische Bibliothek in Kopenhagen, übernahm später rund die Hälfte davon. 1737 erwarb Otto Thott die etwa 5,6 km2 kleine Insel Gavnø bei Næstved im Süden der dänischen Hauptinsel Seeland, wo er 1755 bis 1758 das Rokoko-Schloss Gavnø errichten liess. Noch heute bewohnen die Nachkommen des Grafen Schloss und Insel und unterhalten enge Beziehungen zum dänischen Königshaus. Derzeitiger Inhaber ist Otto Baron Reedtz-Thott. In Gavnø brachte Otto Thott seine bereits früh begonnene Gemäldesammlung von schliesslich rund 3000 Werken unter. Obwohl kurz nach seinem Tod einige Objekte veräussert wurden, verblieb das Herzstück - darunter auch die hier angebotene "Waldlandschaft mit Hirte und Tieren an einer Furt" - fast 200 Jahre auf Gavnø. Mit noch über 1000 Werken gilt die dortige Sammlung heute als grösste private Gemäldesammlung Skandinaviens. Unsere Waldlandschaft wurde nach dem Tod von Axel Reedtz - Thott in einer Londoner Auktion im Juli 1976 zusammen mit wichtigen Werken u.a. von Watteau, Jacob van Ruisdael, Willem Claesz. Heda und Pieter Wtewael veräussert und war seither Teil zweier Privatsammlungen.
CHF 40 000 / 50 000 | (€ 41 240 / 51 550)
Verkauft für CHF 48 000 (inkl. Aufgeld)
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