Lot 3053* - A156 Gemälde Alter Meister - Freitag, 01. April 2011, 15.00 Uhr
JAN VAN GOYEN
(Leiden 1596–1656 Den Haag)
Flusslandschaft mit Fischerbooten.
Öl auf Holz.
Unten rechts monogrammiert und datiert: VG 1655.
31 x 50,5 cm.
Provenienz: - Thomas Patch, London (1725 - 1782) und durch Erbfolge. - Auktion Christie's, London, 26. 6. 1959, Los 149, verkauft an Alfred Brod. - Sammlung Alfred Brod, London, 1959. - Kunsthandel P. de Boer, Amsterdam, 1959/60. - Sammlung Dr. Herbert Girardet, Kettwig, 1960. - Privatbesitz. Ausstellungen: - Delft, Prinsenhof, Art Fair, 1959. - Amsterdam, P. de Boer, Wintertentoonstelling, 1959/60, Nr. 3, Abb. - Amsterdam, P. de Boer, Catalogue of Old Pictures, 1960, Nr. 21, Abb. - Köln, Wallraf-Richartz-Museum/ Rotterdam, Boymans-Van Beuningen, Sammlung Herbert Girardet: Holländische und Flämische Meister, 1970 (Ausstellungskat. von H. Vey), Nr. 23, Abb. - Amsterdam, K. & V. Waterman, Jan van Goyen 1596 - 1656: Conquest of Space, 1981, S. 142,143, Abb. Literatur: - Gerson, Horst: Meer und Fluss in der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, Essen 1968, Abb., Nr. 5. - Beck, Hans- Ulrich: Jan van Goyen 1596 - 1656, 3 Bd., Amsterdam 1972/73 (3. Bd., Doornspijk 1987), Bd. 1, unter Nr. 846/139, S. 282, Bd. 2, Nr. 885, S. 398, 399, Abb., Bd. 3, Nr. 885, S. 246. - Müllenmeister, Kurt J.: Meer und Land im Licht des 17. Jahrhunderts, 3 Bd., Bremen 1973, Bd. 1, S. 109, Abb. Jan van Goyen wählte bei dieser Hafenszene einen weiten Landschaftsausschnitt. Der düstere Wolkenhimmel in seiner bedrohlichen Gestalt bildet einen dramatischen Kontrast zur insgesamt ruhigen und friedlichen Szene. Eine Laterne auf einem Mast markiert den linken Vordergrund und hebt sich vom stimmungsvollen Hintergrund ab. Der optische Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem Fischerboot, das am Ufer liegt. Daneben unterhält ein Mann ein Feuer und eine Rauchwolke steigt zum Himmel empor. Ein Ruderboot nähert sich von rechts, während in der Ferne verschiedene Schiffe auf dem Wasser verteilt sind. Auf einem Landstrich am Horizont sind eine Windmühle und ein Gehöft erkennbar. Dieses charakteristische Gemälde, das Jan van Goyen kurz vor seinem Tod ausführte, zeugt von der grossen Virtuosität des Malers. Das Gemälde verkörpert die Fähigkeit des Künstlers, wunderbar stimmungsvolle Effekte zu kreiieren und verdeutlicht zudem seine Qualitäten als Erzähler. Van Goyen erfüllt diese Flusslandschaft mit einem Gefühl von zurückhaltender Dramatik, indem er arbeitende Figuren im Vordergrund unter dem düsteren Himmel, der das schlechte Wetter ankündigt, platzierte. Diese Fähigkeiten sind es, die van Goyen den Ruf eines der grössten Landschaftsmaler aller Zeiten einbrachten. Obwohl Szenerien, wie die unsere, traditionell als Hafenszenen beschrieben werden, ist in diesem Fall wohl eher eines der grossen holländischen Binnenseen dargestellt. Das Gemälde geht teilweise auf eine der letzten Seiten des Dresdner Skizzenbuchs van Goyen von 1648 zurück, wie Hans-Ulrich Beck bemerkt (siehe Beck, Hans-Ulrich: Jan van Goyen 1596 - 1656, Amsterdam 1972/73, Bd. 2, Nr. 885, S. 398, Skizze unter Bd. 1, Nr. 846/139, S. 282). Die früheren Zeichnungen dieses Buches dokumentieren die Stationen einer Reise in den Süden Brüssels und zurück nach Den Haag in die Heimat des Künstlers. Die für unser Gemälde relevante Zeichnung dokumentiert vermutlich eines der Seen in der Nähe von Leiden oder an der Küste des Haarlemer Meers. Das hier angebotene Gemälde war in Besitz des englischen Malers, Grafikers und Händlers Thomas Patch, der hauptsächlich in Italien tätig war, zuerst in Rom und später in Florenz. In Italien malte Patch Ansichten von populären Sehenswürdigkeiten, die vom jungen englischen Adel auf dessen Grand Tour besichtigt wurden. Er malte ebenso Portraits und Karikaturen von englischen Besuchern in den italienischen Galerien. In den 1960er und 1970er Jahren war unser Gemälde in der berühmten Girardet Sammlung in Kettwig/Essen, in Deutschland. Dr. Herbert Girardet führte ein Verlagshaus als Familienunternehmen und war eines der grössten Sammler von holländischen Altmeistergemälden. In 1970 wurde die Sammlung Girardet in einer beeindruckenden Ausstellung im Wallraf-Richartz-Museum in Köln gezeigt und reiste daraufhin nach Rotterdam, ins Museum Boijmans Van Beuningen. Jan van Goyen war der Sohn eines Leidener Schuhmachers und hatte zahlreiche Lehrer. Gemäss Jan Orlers, der eine Chronik von Leiden in 1641 schrieb, war er bei den Glasmalern dieser Stadt, Coenraet van Schiperoort, Isaac van Swanenburgh, Hendrick Clock und Jan Arentsz de Man,in Ausbildung und danach in Hoorn bei Willem Gerritsz. Er verweilte ein Jahr in Frankreich um 1615/16 und schloss danach seine Ausbildung im Haarlemer Atelier des Esaias van de Velde (1587 - 1630) ab. Von allen Lehrern hatte Van de Velde bei weitem den grössten Einfluss auf Van Goyens frühe Landschaften. 1618 liess er sich in Leiden nieder und heiratete Anna Willemsdr van Raelst im gleichen Jahr. In 1632 zog er nach Den Haag, wo er die Bürgerschaft zwei Jahre später bekam. Der Künstler lebte dort an verschiedenen Orten der Stadt und hatte eine Weile lang die Maler Johannes Schoeff (1608 - 1666) und Paulus Potter (1625 - 1654) zur gleichen Zeit als Nachbarn. Van Goyen war ein produktiver Maler, von dem über 1200 Gemälde und etwa 800 Zeichnungen bekannt sind. Trotz dieser grossen Arbeitsleistung war der Maler stets in finanzielle Schwierigkeiten und versuchte durch Kunsthandel, Begutachtungen von Kunstwerken und mit Liegenschaften seine Finanzen aufzurunden, jedoch ohne grossem Erfolg. Arnold Houbraken berichtet, dass Jan Steen (1626 - 1679), Nicolaes Berchem (1620 - 1683) und Adriaen van der Cabel (1631 - 1705) zu seinen Schülern zählten. Doch auch weitere Künstler wurden sehr von seinem Werk geprägt, etwa Anthony van der Croos (1606 - 1662), Jacob Moscher (1615 - 1655) und Cornelis van der Schalcke (1611 - 1671).
CHF 120 000 / 150 000 | (€ 123 710 / 154 640)
Verkauft für CHF 170 400 (inkl. Aufgeld)
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