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Lot 3017* - A146 Gemälde Alter Meister - Freitag, 19. September 2008, 14.30 Uhr

FREDERIK VAN VALKENBORCH

(Antwerpen 1565–1622 Nürnberg)
Turmbau zu Babel. 1608.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts auf dem Felsen monogrammiert und datiert: .F.VV. 1608.
160 x 294 cm.

Provenienz: - Auktion bei Zadick München, 16. Juli 1980. - Auktion bei Zadick München, September / Oktober 1981. - Bei Kunsthandel Ruef, München, um 1980/1. - Privatbesitz, Deutschland. Literatur: - Wied, Alexander: Lucas und Marten van Valkenborch. Das Gesamtwerk mit kritischem Oeuvrekatalog, Freren 1990, S.239/40, Kat. Nr. 20. - Minkowski, Helmut: Vermutungen über den Turm zu Babel, Freren 1991, S. 204, Nr. 322, Farbtafel S. 75. Dieser kürzlich wiedergefundene Turmbau von Babel ist als ein Hauptwerk der spät manieristischen Landschaftskunst zu bezeichnen und beeindruckt durch sein kühnes Format und aussergewöhnlich fantasiereiche Interpretation des Themas. Die Wiederentdeckung ist von Bedeutung, da das Gemälde bisher nur ein Mal in der Öffentlichkeit zu sehen war und wahrscheinlich dadurch nur eine eingeschränkte kritische Behandlung in der Literatur genossen hat. Alexander Wied (ebd., 1990) ist zu verdanken, dass das Gemälde auf der Basis einer Fotografie erstmals Erwähnung findet. Helmut Minkowski (ebd., 1991) nennt es ferner, ebenfalls anhand einer Fotografie, in seiner Übersicht zu den Darstellungen des Themas des Turmbau zu Babel. Die künstlerische Bedeutung des wiedergefundenen Turmbaus liegt vor allem in der Tatsache, dass Valkenborch hier eine besonders grosse manieristische Vision geschaffen hat, wobei alle dazu passenden Stilmittel angewendet wurden, inklusive der charakteristischen Lichtkontraste und der grossen in Bewegung und Aktion gezeigten Figuren. Wie von Hans Devisscher, Frederik van Valkenborch, in: The Dictionary of Art, London / New York 1996, S. 806 erklärt, ist die Behandlung des Vordergrundes eine der besonderen Neuheiten in der Kunst Frederik van Valkenborchs. Dieser fungiert bei ihm nicht mehr als weiterführendes Element zum Hintergrund, sondern präsentiert sich als mehr oder weniger eigenständig. Diese Bildstruktur wird auch in dem hier gezeigten Turmbau verwendet. Das eigentliche Thema wird in die obere rechte Ecke platziert, während der Vordergrund detailreich und mit grossen Figuren ausgebaut ist. Links in der Mitte findet sich Nimrod, der König von Babylon, der seine Macht zum Ausdruck bringt und die Arbeit am Turmbau kontrolliert. Dabei ist, wie H. Devisscher erklärt (ebd., S. 806), das bisher bekannte Oeuvre von signierten oder monogrammierten Gemälden von Frederik van Valkenboch nur klein. Obwohl eine Übersicht bis jetzt fehlt, sind aus dem Oeuvre heute bislang fünfzehn Gemälde bekannt. Hierzu zählt der Schiffbruch von Aenaeas von 1603, im Museum Boymans van Beuningen, Rotterdam (Ertz, K.,u.a.: Die Flämische Landschaft 1520 - 1700, Lingen 2003, Kat. Nr. 79, mit Abb.); die Gebirgslandschaft mit Raubüberfall von 1605 im Rijksmuseum (Ertz, K., u.a.: ebd., Kat. Nr. 46, mit Abb.); die Gebirgslandschaft mit Mühlen und einem Zeichner von 1623 im Muzeum Umen, Olmütz (Ertz, K., u.a.: ebd., Kat. Nr. 47, mit Abb.) sowie die beiden undatierten Gemälde eines Turniers im Benediktinerkloster, Ottobeuren (Faggin, G.T.: De Gebroeders Gillis en Frederik vanValkenborch, in: Bulletin Museum Boymans van Beuningen, 1963, Abb. 8.) und einer brennenden Stadt in der Nationalgalerie, Prag. Der wiedergefundene Turmbau ist also eine bedeutende Ergänzung zum Oeuvre, insbesondere da es das einzige bislang bekannte Gemälde von 1608 ist. Bislang waren keine datierten Gemälde aus den Jahren 1605-1612 bekannt, wodurch mit diesem Lot eine wichtige Lücke geschlossen wird. Stilistisch reiht sich dieser Turmbau in die Folge der bereits bekannten Gemälde Valkenborchs ein, die den manieristischen Gedanken aufgreifen. Dabei unterscheidet sich dieses Gemälde von den frühesten Werken aus Rotterdam und Amsterdam von 1603 und 1605 durch die dominanteren und ausgeprägteren Figuren sowie abgeschwächtere Lichtkontraste. Als Valkenborch dieses Gemälde anfertigte, lebte er in Nürnberg, wohin er 1602 von Frankfurt übergesiedelt war. In Nürnberg genoss er offensichtlich grosses Ansehen, da er 1607 von Erzherzog Matthias beauftragt wurde, ein Gemälde Albrecht Dürers zu kopieren. Ferner wurde er 1612 von den lokalen Autoritäten beauftragt, den Entwurf für den Triumphbogen anlässlich der Kaiserkrönung von Matthias zu liefern. In der Literatur wird immer wieder auf den eindeutigen Einfluss von Lodewijk Toeput, Il Pozzoserrato und anderen Venezianern auf die künstlerische Entwicklung von Frederik van Valkenborch hingewiesen. Seine Gemälde werden dabei als wichtige Vermittler der venezianischen Kunst des 16. Jahrhunderts im Norden angesehen. Leider ist diese vermutete Bekanntschaft Valkenborchs mit den venezianischen Malern nicht mit Sicherheit belegt. Eine Reise wird nicht in Dokumenten bestätigt, doch im Allgemeinen wird angenommen, dass Frederik in den 90er Jahren mit seinem Bruder Gillis von Frankfurt aus nach Italien reiste und dass sich die beiden Brüder einige Zeit in Venedig aufgehalten haben müssen. Der wiedergefundene Turmbau bestätigt in seinem grossen Format, dem Kolorit und der Figurenbehandlung in der Ecke rechts unten tatsächlich einen bestimmten venezianischen Einfluss. Doch im Vergleich mit Lodewijk Toeputs Behandlung des Themas in dem Gemälde von 1585/87, heute in Schloss Kirchheim bei Mindelheim in Schwaben, das zuletzt auf der Ausstellung im Augsburger Rathaus zu sehen war (Welt im Umbruch, Augsburg zwischen Renaissance und Barock, Ausburg 1980, Kat. Nr. 301, siehe Minkowski, H.: ebd., Kat. Nr. 316, mit Abb.), zeigt Falkenborch eher eine dramatischere Szene, die an die Figuren Bartholomeus Sprangers und die Kunst in Prag anknüpft. Toeput dagegen bleibt in seiner Behandlung statischer und seine Figuren stehen eher Bassano nahe. Ein eventueller Prager Einfluss würde bei einer Interpretation des Themas des Turmbaus besonders passen, da sich damals zwei Gemälde Brueghels im Besitz Rudolph II. befanden. Die Kunst Frederik van Valkenborchs ist leider in der Vergangenheit relativ undurchsichtig geblieben. Glücklicherweise ist jedoch das Interesse für seine Kunst in letzter Zeit gestiegen und seine kunsthistorische Bedeutung erneut bestätigt wordem. Dies ist vor allem Klaus Ertz zu verdanken, der mit der Ausstellung "Die Flämische Landschaft 1520 - 1700" in Essen und Wien, die Gruppe der Spatmanieristen neu ins Bewusstsein gerückt hat. Wie H. Minkowski (1991, ebd.) und S. Elliston Weiner (The Tower of Babel in Netherlandish Painting, unpublizierte Dissertation, Columbia University, New York 1985) bestätigen, greift das Thema des Turmbaus zu Babel (Genesis, XI : 1- 9) in der holländischen und flämische Malerei auf eine lange ikonographische Tradition zurück. Die Nachfrage nach Darstellungen dieses Themas war vor allem in den Jahren 1580 - 1610 besonders gross, als Maler wie Lucas und Marten van Valkenborch, Hendrick van Cleve, Tobias Verhaecht und andere sich mit dem Thema beschäftigten. Die Beliebtheit schloss sich unmittelbar an die zwei von Pieter Brueghel I in 1563 gemalten Versionen des Turmbaus (heute Kunsthistorisches Museum, Wien; Museum Boymans van Beuningen in Rotterdam) an, wodurch zwei Ikonen der europäischen Malerei geschaffen wurden. Brueghel legt in seiner Darstellungen vor allem Wert auf den Schwerpunkt des Vanitas - Charakters der biblischen Geschichte, mit dem hochmütigen und närrischen König Nimrod in der Hauptrolle. Im Gegensatz zu Brueghel liefert der Turmbau bei Valkenborch eher die Szenerie als das Hauptmotiv. Wie bei anderen Manieristen liegt sein Interesse in der Wiedergabe der körperlichen Bewegungen und der theatralischen Gesamtinszenierung, was ihm bei diesem Werk in meisterlicher Weise gelingt. Dr. Alexander Wied wird dieses Gemälde in das in Bearbeitung befindliche Werkverzeichnis der Malerfamilie Valkenborch aufnehmen.

CHF 250 000 / 350 000 | (€ 257 730 / 360 820)


Verkauft für CHF 222 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr