MENN, BARTHÉLEMY
* 20.5.1815 Genève, † 11.10.1893 Genève
Vitazeile Peintre, dessinateur, paysagiste et portraitiste lié à l'école de Barbizon. Professeur influent et maître de Hodler; en tant que tel, rénovateur important de la peinture suisse Tätigkeitsbereiche peinture, dessin, peinture à l'huile Lexikonartikel DE | FR Barthélemy Menn war der Sohn eines Bündner Zuckerbäckers, der ursprünglich aus Scuol stammte, und der Tochter eines Waadtländer Bauers. Bereits im Alter von zwölf Jahren besuchte er seinen ersten Zeichenunterricht bei einem Vedutenmaler. Später wurde er Schüler eines Porzellanmalers und wurde so in die Geheimnisse eines traditionellen Genfer Kunsthandwerks eingeweiht. Über seine Schuljahre in Genf erzählte er: «Sie gaben uns Themen vor, diktierten Seiten aus der Geschichte. Ich schrieb mechanisch, ohne zu verstehen, alles war kalt, tot […] Ich nahm einen Stift in die Hand und beschloss, nicht mehr bloss zu schreiben, sondern alles zu beschreiben, was ich sah. Seit diesem Tag fühlte ich mich gerettet.» Mit einer solchen Einstellung galt der Knabe rasch als «taube Nuss» und sein Vater, der sich damit abfand, schrieb ihn an der Zeichenschule im Calabri ein. Im Alter von 16 Jahren trat Menn in das Atelier von Léonard Lugardon ein, einem Historienmaler, der sich vom Patriotismus und von einer theatralischen Religiosität inspirieren liess und begeistert war von einer «nationalen Kunst», die Menn immer fremd bleiben sollte.
1833 reiste Barthélemy Menn nach Paris, wo er in das Atelier von Ingres eintrat, der bald darauf zum Direktor der Académie de France in Rom ernannt wurde. Der junge Künstler kehrte sodann nach Genf zurück und malte in Coinsins, bevor er seinem Lehrer 1835 nach Italien folgte. Auf seiner Reise nach Rom machte er in Venedig Halt, wo er die grossen Maler studieren wollte und den Selbstmord seines Freundes Léopold Robert nicht verhindern konnte. Als Menn schliesslich in Rom angelangt war, kopierte er die Stanze von Raphaël, malte Bilder in der freien Natur und schuf zahlreiche Landschaftsstudien, insbesondere von Gegenden im Süden des Landes: Neapel mit dem Vesuv, Capri, Salerno, danach Orvieto und Viterbo. Nach seiner Rückkehr nach Paris 1838 knüpfte der junge Künstler Kontakte zu Landschaftsmalern der Schule von Barbizon, insbesondere Charles Daubigny und nach 1840 Camille Corot. Er war auch häufig zu Gast im Salon von George Sand. Dort lernte er unter anderem Chopin kennen, der ihm einige Gemälde abkaufte, ebenso wie Delacroix. Letzterer, der 1842 einen Auftrag für umfassende Wand- und Deckenmalereien im Palais Bourbon und im Palais du Luxembourg erhalten hatte, bot Menn eine Beteiligung an diesen Arbeiten an. Dieser schlug das Angebot allerdings aus, was sich später als verpasste Chance und als folgenschwerer Entscheid erweisen sollte, der den Lebenslauf des Künstlers dramatisch beeinflusste. Viele Schweizer Künstler sahen sich in jenen Jahren nämlich gezwungen, Frankreich zu verlassen und ihren Lebensunterhalt nach der Rückkehr in ihre zutiefst gespaltene Heimat als Lehrer zu verdienen. Ähnlich erging es auch Menn, der mangels Aufträgen sein Leben in Paris aufgeben und 1843 nach Genf zurückkehren musste. Obwohl er ein warmes Empfehlungsschreiben von Ingres vorlegen konnte, wurde er nicht zum Direktor der Genfer Ecole de Dessin ernannt. Dies war ein harter Schlag für den Künstler und brachte ihn letztlich dazu, einen Grossteil seiner Arbeiten zu verleugnen. 1845 versucht sich Menn in der Alpenmalerei, aber seine Werke, insbesondere Das Wetterhorn, wurden an der Weltausstellung schlecht aufgenommen. Seit dieser Zeit nahm er auch Schüler in sein Atelier auf. Nach Reisen nach Südfrankreich und ins Wallis wurde er 1850 schliesslich doch noch zum Direktor der Ecole de Dessin in Genf ernannt. Barthélemy Menn war ein aussergewöhnlicher und grosszügiger Pädagoge, der nicht weniger als 42 Jahre lang unterrichtete und in dieser Zeit berühmte Maler wie Ferdinand Hodler oder auch Edouard Vallet ausbildete. «Menn, unser aller Lehrer!», erklärte Corot in späteren Jahren – einer von mehreren Künstlern, mit denen Menn 1851 an der Ausschmückung des Schlosses Greyerz arbeitete. 1857, 1859 und 1861 organisierte er in Genf drei Ausstellungen für seine französischen Freunde, die zu den herausragendsten Malern der damaligen Zeit zählten: Die Werke von Corot, Daubigny, Delacroix und Courbet fanden jedoch keine Beachtung. Zu den ersten beiden Ausstellungen wurde keine einzige Kritik veröffentlicht und bei der dritten wurde den Künstlern empfohlen, die Natur besser zu beobachten. Nach dieser Zeit zeigte Menn seine Werke kaum mehr und kaufte offenbar gar einige von Sammlern zurück. Zwischen 1880 und 1890 verbrannte er schliesslich die meisten seiner Gemälde und widmete sich danach vor allem dem Unterrichten. Allerdings malte er weiterhin die Weinberge und Hohlwege in Coinsins ebenso wie die melancholischen Landschaften der Departemente Isère und Ain. Was von Menns Werk schliesslich bleibt, ist das Ergebnis einer langen, fast dreissig Jahre dauernden Askese. Sein Schaffen ist der Ausdruck seines lebenslangen Bestrebens, sich über Aufenthalte in Italien und unter der Anleitung von Ingres und später Corot eine klassische Kultur anzueignen; es zeigt seine Ablehnung gegenüber den Verlockungen der Farben, der Bewegung und der leuchtenden Romantik von Delacroix, seinen langen inneren Kampf und seine Zerrissenheit, bis er sich vom Eklektizismus lösen konnte, der unter dem Eindruck so grosser Vorbilder entstanden war, um endlich sich selbst zu werden. Mit Landschaftsgemälden, zwei Bäumen an einem Bach und vielleicht noch einer Silhouette in der Ferne, schien Menn zu sagen: «Das ist es, was ich kann!» In Rom wurde Raphaël für den jungen Menn zur «Quintessenz des Schönen», zum «Gesamtkünstler». Er liess sich mitreissen von der überschäumenden Kultur, die er sich eben erst angeeignet hatte. Ein Beispiel dafür ist Paysage d’Italie (um 1842), das aus mehreren Elementen besteht, die eine gewisse Härte ausstrahlen. Später versuchte der Künstler das Werk, das er zu akademisch fand, zu zerreissen. In Genf hatte Menn mit François Diday und Alexandre Calame zu kämpfen. Mit seiner Etude du Wetterhorn vu du Hasliberg (um 1845) forderte er sie auf ihrem eigenen Territorium heraus. «Menn bemühte sich, das Sujet zu entdramatisieren», so der Kunsthistoriker Jura Brüschweiler. «Er befreite es von bedrohlichen Adlern, albtraumhaften Wolken, entwurzelten Baumstrünken und anderen Elementen, mit denen die Anhänger der gegnerischen Partei ihre grossen Gemälde füllten. Vor allem aber unternahm er den Versuch, mit der vorherrschenden Vorstellung von Vollendung zu brechen […]». Der Maler stellte dieses Gemälde jedoch nie aus. Für einmal verhielt er sich opportunistisch und schuf eine zweite Version, die, wie er hoffte, besser aufgenommen würde – mit dem unumgänglichen umgestürzten Baumstrunk im Vordergrund, einer Bäuerin mit Kind und Kuh. Aber das brachte nichts: Die Kritiker beurteilten das Werk als schludrige Arbeit. Der Künstler wandte sich danach anderen Dingen tun und beschritt einen Weg, der ähnlich verlief wie jener von Corot und weit entfernt war von jeglichem Schwulst. Somit musste sich Menn seinen Lebensunterhalt mit Unterrichten verdienen. Er wurde aber nicht zu einem bürokratischen Pädagogen, der sich unablässig wiederholte. Sein Ziel bestand nicht darin, «kleine Menns» heranzubilden. Vielmehr wollte er die ganz eigene Persönlichkeit eines jeden Schülers zum Vorschein bringen und fördern. Ein herausragender Erfolg veranschaulicht seine Methode: Hodler, der bei seiner Ankunft in Genf ein bescheidener Maler von konventionellen Stadtansichten für Touristen war, wurde unter Menns Anleitung zu dem rohen Künstler, den wir heute kennen – und zum Gegenteil all dessen, was Menn in seinen Werken selbst war. Hodler anerkannte denn auch: «Menn hat mir auf eine gewisse Weise beigebracht, mich selbst zu entdecken.» Barthélemy Menn, der in seinen Sechzigern die meisten seiner älteren Kompositionen zerstörte, malte und zeichnete weiterhin Landschaften in der freien Natur, vor allem in Coinsins. «In einem Busch sehe ich alles», pflegte er zu sagen. Ebenso schuf er Porträts seiner Angehörigen und das Autoportrait au chapeau de paille (um 1867), das er «meine Autobiografie» nannte. Der Maler Eugène Carrière sagte über die letzten Gemälde des Meisters, sie seien «Poesie im Raum». Werke: Genf, Musée d’art et d’histoire; Schloss Greyerz; Kunst Museum Winterthur – Reinhart am Stadtgarten.
SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz
Maurice Pianzola, 1998, aktualisiert 2016 Übersetzung: Irene Bisang https://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4022822
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