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拍品 3215* - Z28 印象派&现代主义 - Donnerstag, 24. Juni 2010, 04.00 PM

DAVID DAVIDOWITSCH BURLIUK

(Semirotovshchina 1882–1967 New York City )
Hafen. 1906.
Öl auf Holz.
Unten links kyrillisch signiert und datiert: D. Burliuk 1906.
20 x 31,7 cm.

Provenienz: - Privatbesitz, Schweiz seit den 1970er Jahren. Literatur: - Ausstellungskatalog: Städtische Galerie Lenbachhaus, München. "Der Blaue Reiter und das neue Bild", 3. Juli - 3. Oktober 1999, Kat.Nr. 213 mit Farbab. (Tafel 139). Ausstellung: - München 1999: Der Balue Reiter und das neue Bild, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 3.Juli - 3. Oktober 1999, Kat.Nr. 213 mit Farbab. (Tafel 139). Diese zierliche Hafenansicht von David Burliuk ist eine kleine Rarität. Nicht zuletzt deshalb, weil sie, seit den 1970er Jahren im Besitz einer Schweizer Familie, nahezu vier Jahrzehnte nicht mehr auf dem Kunstmarkt zu finden war. Vor allem aber ist sie eines der ganz wenigen erhaltenen und daher sehr seltenen Zeugnisse des jungen Burliuk kurz nach Ende seiner Pariser Zeit. Später sollte er als "Vater des russischen Futurismus" Berühmtheit erlangen. David Davidovitsch Burliuk wurde 1882 als Sohn eines russischen Gutsverwalters in der Ukraine geboren. 1899-1902 besuchte er gemeinsam mit seinen ebenfalls sehr begabten Geschwistern Wladimir und Ludmila die Kunstschule in Kasan. Wladimir trat ebenfalls als Künstler hervor, fiel aber ebenso wie der dritte Burliuk-Bruder Nicholas im Ersten Weltkrieg. David zwangen die Auswirkungen der Russischen Revolution 1918 dazu, Moskau zu verlassen. Mit seiner Familie durchreiste er Zentral-Russland bis nach Sibirien und schiffte 1919 nach Japan ein. Rund 700 Gemälde musste er bei seiner Emigration zurücklassen. In Japan erlebte er eine produktive und glückliche Schaffensperiode, wo er etwa 200 Gemälde verkaufen konnte und als Hofmaler des Kaisers wirkte. Als zwischen Russland und Japan die politischen Spannungen stiegen, reiste Burliuk in die USA weiter. Nach schweren Anfangsjahren in New York war seiner Malerei grosser internationaler Erfolg beschieden. Doch drehen wir das Rad der Zeit noch einmal zurück zu Burliuks Anfängen. Für einen jungen Künstler war das Russland zur Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ein wahrhaft schwieriges Pflaster. Zugang zur westlichen Kunst hatten im Zarenreich nur die reiche Oberschicht und die Intelligenzija. Das Bilderverbot der russisch-orthodoxen Kirche, das ausschliesslich traditionelle Ikonen zuliess, sorgte dafür, dass in der breiten Bevölkerung allenfalls "primitive" Volkskunst verbreitet war. Und mit der sozialkritischen Malerei von Ilja Repin und seine Umkreis konnten sich jüngere Künstler ebenfalls nicht identifizieren. 1896 verliessen daher Wassily Kandinsky und die Repin-Schüler Marianne Werefkin und Alexej Jawlensky Russland Richtung München; sie sollten später die führenden Köpfe der Neuen Künstlervereinigung München werden, von denen sich später die berühmten Blauen Reiter abspalteten. Auf Anraten Repins entschied sich auch David Burliuk 1903 dazu, die Welt ausserhalb Russlands zu entdecken. 1904-05 studierte er an der Ecole des Beaux-Arts der damaligen Kunstmetropole Europas: Paris. Dort brodelte es gewaltig in der Kunstszene. Der Impressionismus hatte sich vollständig etabliert, dessen Überwindung durch den auf optischen Erkenntnissen basierenden Pointillismus, bei dem reine Farbwerte in winzigen Flächen eng nebeneinander gesetzt werden, um im Auge des Betrachters zu verschmelzen, längst eingeleitet (siehe z.B. Georges Seurats hier abgebildeten Kanal von Gravelines, Ansicht in Richtung auf das Meer von 1890). FOTO SEURAT !!!!!!!!!!!!!!!!!! Das Oeuvre von Vincent Van Gogh und Paul Gaugin wurden kurz nach der Jahrhundertwende von der künstlerischen Avantgarde rezipiert und revolutionierten die französische Malerei. Um Henri Matisse formierte sich die Künstlergruppe der Fauves, der Wilden, die ihre Bilder in der Nachfolge der Pointillisten unter Verzicht auf symbolische oder soziale Gehalte aus der freien Ausdruckskraft reiner Primär- oder Komplementärfarben zu komponieren suchten. 1905 traten sie im Pariser Salon d'Automne erstmals an die Öffentlichkeit und erregten Aufsehen mit der Ausdruckskraft ihrer Bilder, die sich so sehr von den zurückhaltenden Werken ihrer Vorgängern unterschieden. Deutlich wird das z.B. beim Vergleich der Hafenansicht Seurats mit der von André Derain (Bateaux à Collioure von 1905, unsere Abb.). Gleichzeitig diente Paul Cézannes Werk als wichtige Quelle für die Entwicklung des Kubismus von Pablo Picasso und Georges Braque. Aus diesen Skizzen wird deutlich, auf welch lebendigen und teilweise heftig geführten künstlerischen Diskussionen, auf welch anregendes Umfeld Burliuk getroffen sein muss, als er in jenen entscheidenden Jahren in Paris studierte. Man kann nur erahnen, welche optischen Eindrücke auf den jungen Maler einstürmten, als er von der Wolgastadt Kasan, dem Zentrum des russischen Islam, genau zu dem Zeitpunkt an die Seine wechselte, als dort die bedeutendsten Köpfe der Moderne nach neuen Formen suchten. In diesen Kontext ist wohl der hier angebotene Hafen von 1906 einzuordnen, der mit seiner Flächigkeit und Stilisierung des Motivs eindeutige Bezüge zu den Fauves aufweist. FOTO DERAIN !!!!!!!!!!! Burliuk baut das Motiv mit breiten Pinselstrichen auf, die er in horizontalen Schichten nebeneinander setzt. Besonders deutlich ist dies beim Wasser und dem Himmel. Seine Farbpalette stützt sich, ebenso wie die von Derain, auf die Primärfarben Rot, Gelb und Blau, die er teilweise mit der Komplementärfarbe Grün ergänzt. Ebenso wie der Fauve setzt er weisse Lichtpunkte, die die Strahlkraft des ganzen Bildes erhöhen und das Segelboot betonen. Bewusst hat er den Bildträger nicht grundiert und lässt, vergleichbar der Leinwand Derains, dessen Holzfarbe überall durchschimmern - ein Verfahren, das dem Betrachter vermitteln soll, dass hier ein Maler in unmittelbarer Erfahrung von Licht und Farben in der "Natürlichkeit seiner Empfindung" geschaffen und dabei die Konventionen der Akademiemalerei abgeschüttelt hat. Auffällig ist allerdings, dass Derain, bei aller Flächigkeit seiner Darstellung, mit der Aufsicht auf das vor dem Betrachter liegende Hafenbecken eine ganz spezifische Perspektive gewählt hat, während Burliuk in der Schichtung der einzelnen Bildelemente übereinander einen perspektivischen Ansatz vermeidet. Dafür sind mehrere Erklärungsansätze denkbar. Zum einen mag dabei eine Rolle gespielt haben, dass Burliuk bei einem tragischen Unfall, bei dem einer seiner Brüder zufällig einen Schuss aus einer Spielzeugkanone auf ihn richtete, im Alter von sieben Jahren ein Auge verlor, was mit Sicherheit sein räumliches Sehvermögen beeinträchtigte und zu einer verstärkt flächigen Bildkomposition beigetragen haben mag. Andererseits kann Burliuk damit aber auch ausdrücklich eine Brücke von der modernen westlichen Malerei zur Volkskunst seiner Heimat geschlagen haben. 1910 verteidigte er seine Entscheidung, sich den Impulsen der französischen Kunst geöffnet zu haben, gegen entsprechende Anfeindungen seiner Kollegen in Russland, die verstärkt auf Volkskunst rekurrierten, mit dem Argument, beide Kunstströmungen seien doch letztlich eines Wesens: "Es ist wahr, dass wir die Weltideen der französischen Malerei seit den sechziger Jahren in uns aufgenommen haben und so scheinbar nur eine russische Abspiegelung dieser Kunst sind und als fremde Kultur, als fremde Seele auch in Russland erscheinen. Es ist aber nur scheinbar so. Die französische Kunst ist uns tatsächlich verwandt und verständlich. Das Hyperbolische der Linie und der Farbe, das Archaische, die Vereinfachung - die Synthese - ist ja vollkommen in der schöpferischen Seele unseres Volkes vorhanden. Man erinnere sich nur an unsere Kirchenfresken, an unsere Volksblätter […]. Diese seelische Verwandtschaft ist der Grund und die Ursache der grenzenlosen begeisterten Aufnahme […] der französischen Ideen der ‚Neuen Kunst' vonseiten der besten russischen Elemente. […] ihre Vertreter (Manet, Cézanne, Gauguin, van Gogh, Derain, Le Fauconnier, Matisse, Picasso) stehen uns schliesslich unendlich viel näher als die drei vor uns gewesenen Generationen der russischen Künstler, welche im 19. Jahrhundert in die anekdotische unterhaltende Malerei hineingezogen wurden." Unser Hafen wird damit zum reizvollen Zeugnis einer Zeit, die mit den gegenseitigen Impulsen von Ost und West, mit dem Aufbruch in die Moderne zu den spannendsten Epochen der Kunstgeschichte zählt. (Als weiterführende Literatur zu David Burliuk ist der Ausstellungskatalog Futurismus in Russland und David Burliuk, "Vater des russischen Futurismus", Katalog zur Ausstellung vom 17.9 bis 26.11. 2000 im Von der Heydt-Museum Wuppertal, hrsg. von Joseph Kiblitsky, Bad Preisig: Palace Editions, 2000, zu empfehlen.)

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